Am Ersten des Monats bezahlst du die Miete und dein Kontostand sinkt um ein Drittel.

Wenn es dir geht wie den meisten von uns, dann sind deine Wohnkosten der grösste Posten in deinen monatlichen Ausgaben.

Fast zwei Tage pro Woche arbeiten wir nur für das Dach über unserem Kopf, wo wir uns dazu auch noch so selten aufhalten.

Zugegeben, im Moment verbringen wir ziemlich viel Zeit zu Hause. Und viele wollen endlich wieder mehr raus, obwohl sie sich ihr Zuhause so viel kosten lassen.

Wenn wir uns eine neue Wohnung suchen oder ein Haus bauen, reizen wir unser Budget gerne aus.

«Wie viel kann ich mir leisten?», fragen wir uns, statt: «wie viel brauche ich?»

Nach Lohnerhöhungen gönnen wir uns ein Upgrade der Wohnung, wo wir uns fortan noch seltener aufhalten, weil wir jetzt noch mehr arbeiten. Aber was würden Familie, Freunde und Kollegen auch von uns denken, wenn wir in unserer kleinen Wohnung bleiben würden. Und schliesslich haben wir uns das Upgrade ja auch verdient – für irgendetwas gehen wir ja auch arbeiten!

Wie viel Haus oder Wohnung brauchen wir denn?

Die Wohnfläche pro Person hat sich in den letzten 60 Jahren mehr als verdoppelt.

Sind wir deswegen jetzt auch doppelt so glücklich wie vor 60 Jahren?

Eher nicht.

Auch wenn du jeweils eine neue Wohnung bezogen hast, war sie am Anfang wohl ziemlich geil, aber wegen hedonistischer Adaption ist sie bald zu deiner neuen Normalität geworden. Das Einzige, was übrig bleibt, ist die grössere finanzielle Verpflichtung.

In Australien haben wir ein halbes Jahr im Zelt gelebt.

Alles war ein bisschen umständlicher und aufwendiger als in der gemütlichen Wohnung. Daran gewöhnt man sich aber schnell. Ich kann dir versichern, dass es uns nicht unglücklich gemacht hat.

Wie viele Zimmer und Quadratmeter braucht man für ein gutes Leben? Reichen vielleicht eine 1.40 m breite Matratze und zwei Camping-Stühle?

Im ecuadorianischen Hochland hausten wir in einer einfachen Hütte.

Keine Heizung, dünne Steinmauern, einfachverglaste Fenster. Und nachts kühlt’s dort oben auf 2’500 Metern schon etwas ab.

Kein Warmwasser aus dem Hahn und manchmal kam auch für mehrere Stunden oder sogar Tage überhaupt kein Leitungswasser. Wenn du einen empfindlichen Magen hattest, musstest du es vor dem Trinken auch noch abkochen.

War trotzdem eine gute Zeit.

In Ecuador haben wir ziemlich einfach gelebt. Deswegen waren wir aber nicht weniger glücklich.

Wir geben’s zu: hier in Europa haben wir es auch gern etwas komfortabler.

Warmes Wasser aus dem Hahn und eine geheizte Butze sind schon was Feines.

Aber wofür soll man zu zweit eine Vier-Zimmer-Wohnung oder etwas noch Grösseres benötigen? Selbst bei drei Zimmern wüssten wir nicht, was wir mit dem dritten Raum anstellen würden.

Zuverlässiges Internet ist auch cool. Aber wenn ich beim Abschluss eines Internet-Abos zwischen einer Geschwindigkeit von 50 Mbit/s, 100 Mbit/s oder gar 10 Gbit/s wählen muss, dann kann ich einfach nur lachen. Scheisse, als normaler Anwender merkst du keinen verdammten Unterschied mehr ab 10 Mbit/s!

Warum du deine Lebenskosten reduzieren solltest

Führst du das Leben so, wie es unsere Gesellschaft vorlebt, arbeitest du mindestens 40 Stunden pro Woche, ohne gross darüber nachzudenken.

Zwangsläufig beansprucht dann die Arbeit mit Abstand am meisten Zeit.

Bei einem Vollzeit-Job dominiert Arbeit alles

Neben der Arbeit hast du kaum noch Zeit oder Energie für die anderen wichtigen Bereiche deines Lebens.

Mit 45 geht dann die Ehe in die Brüche, weil man sich entfremdet hat.

Mit 60 kommen die erste Herz-OP und die Blutdrucksenker, weil du dich jahrzehntelang nicht um deine Gesundheit kümmern konntest.

Und wenn du mit 80 im Sterben liegst und alles Revue passieren lässt, fällt dir auf, dass du das bisschen Freizeit, das dir neben der Arbeit blieb, auf Netflix verschwendet hast, weil dir die Energie fehlte, dich zu etwas Interessanterem aufzuraffen.

An Arbeit ist auch nichts auszusetzen. Sie gehört in unser Leben. Aber nicht so.

Sie darf nicht alles andere verdrängen.

Uns Homo Sapiens gibt es seit 150’000 Jahren. Und seither haben wir uns stetig weiterentwickelt.

Das ist auch gut so.

Vor 10’000 Jahren sind wir aber falsch abgebogen. Das war der Beginn der landwirtschaftlichen Revolution. Wir wurden sesshaft und begannen, von morgens bis abends zu arbeiten. Das war der «grösste Betrug der Geschichte». Fortan arbeiteten wir nicht mehr, um zu leben, sondern wir lebten, um zu arbeiten.1

Wir müssen Gegensteuer geben.

Für ein erfülltes Leben dürfen auch unsere Beziehungen, unsere Gesundheit und die anderen Bereiche nicht zu kurz kommen.

Dafür müssten wir aber weniger arbeiten.

Mehr Zeit für die anderen Bereiche führt zu einem erfüllteren und glücklicheren Leben

«Haha, Roli, du alter Träumer! Wie sollen wir denn dann bitte unsere Rechnungen bezahlen?!»

Nun, wenn du jetzt Vollzeit arbeitest und jeden Monat dein gesamtes Einkommen ausgibst, dann musst du wahrscheinlich etwas ändern.

Du kannst entweder versuchen, deinen Stundenlohn zu erhöhen, oder du kannst deine Lebenskosten reduzieren.

Für die meisten von uns ist es einfacher, die Kosten zu reduzieren, und es ist auch sinnvoll, das zu tun.

Denn tiefere Ausgaben gehen in der Regel einher mit dem Verbrauch von weniger Ressourcen. Das tut dem Planeten gut. Jeder von uns verbraucht immer noch mehr Rohstoffe, als unsere Erde hergibt.

Zudem hast du mehr Optionen, wenn du weniger Geld benötigst. Du bist nicht mehr angewiesen auf deinen gut bezahlten Job. Stattdessen könntest du deinen Lebensunterhalt auch mit Rasenmähen bestreiten, falls es sein müsste. Goldene Handschellen glänzen vielleicht hübsch, sind aber trotzdem unbequem.

Zurück zur Kernfrage: warum du bei deinen Wohnkosten ansetzen solltest

Wenn du deine Lebenskosten reduzieren möchtest, um ein erfüllteres und selbstbestimmteres Leben führen zu können, dann kannst du an vielen Orten ansetzen.

Du kannst anfangen, nur noch Essen zu kaufen, das in Aktion ist.

Oder du kannst dein Mobile-Abo wechseln, damit du nur noch 10 statt 50 Franken oder Euro im Monat zahlst.

Diese Optimierungen mögen auch alle sinnvoll sein.

Aber: nirgendwo ist dein Hebel so gross wie bei deinen Wohnkosten.

Wenn ein Drittel deiner Ausgaben für dein Heim draufgeht, dann kannst du hier potenziell auch ein Drittel deiner Ausgaben einsparen und somit dein Pensum um ein Drittel reduzieren, ohne irgendetwas anderes zu ändern.

Was denkst du, könntest du mit der Zeit, die dann plötzlich frei geworden ist, alles anstellen? Da dreht sich in meinem Kopf ja gleich alles vor Aufregung!

Wenn du deine Wohnkosten reduzieren oder ganz eliminieren willst, gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Man darf da auch ein bisschen kreativ werden.

Genau das werden wir dieses Jahr umsetzen, um weiterhin gut von einem tiefen Teilzeitpensum leben zu können.

Die Vorbereitungen sind bereits in vollem Gang und wir werden euch an diesem Vorhaben teilhaben lassen.

P.S.: Seit wir aus Südamerika zurückgekehrt sind, wohnen wir mietfrei bei unseren Eltern. Vielen Dank an dieser Stelle für eure Grosszügigkeit. Wir werden uns revanchieren. 🙂 (Im Elternhaus einzuziehen kann auch eine Möglichkeit sein, preiswert zu wohnen – aber keine Angst, uns schwebt etwas anderes vor und wir ziehen bald wieder aus. Die sind auch froh, wenn sie uns wieder los sind!)

1 Lies dazu das Buch «Eine kurze Geschichte der Menschheit» von Yuval Noah Harari. Sehr spannend.