Dies ist der zweite Teil der Serie über unseren finanziellen Masterplan. Hier geht es zum ersten Teil und zur Übersicht über die ganze Serie.

Im ersten Teil über unseren finanziellen Masterplan habe ich dir einen groben Überblick gegeben, wie wir unser künftiges Nomadenleben finanzieren wollen.

Kurze Wiederholung: Unser Plan ist, bis an unser Lebensende von unserem Ersparten leben zu können.

Ich habe dir die 4-Prozent-Regel vorgestellt und vorgerechnet, wie unser aktuelles Gesamtvermögen von rund 340’000 Franken ein monatliches Einkommen von etwa 1’100 Franken generiert, ohne dass wir dafür arbeiten müssen (4% von 340’000.- geteilt durch 12 Monate ergibt 1’133.33 Franken).

Heute zeige ich dir, wie sich unser Vermögen genau zusammensetzt. Das Geld liegt nämlich nicht auf einem Bankkonto, denn unser Plan kann natürlich nicht funktionieren, wenn das Geld negativ verzinst wird.

Ausserdem war das genannte Einkommen von 1’100 Franken eine leichte Vereinfachung für den ersten Teil des Masterplans. In der Realität rechnen wir nicht mit diesem Betrag, sondern setzen etwas tiefer an. Dies aus zwei Gründen:

  • Das Gesamtvermögen von 340’000 Franken enthält neben unserem frei verfügbaren Kapital auch unsere Penionskassengelder (2. Säule) und Vorsorgekapital, das wir in die 3. Säule eingezahlt haben. Da wir erst 30-jährig sind, klammern wir diese beiden Bereiche bei der Berechnung der Entnahmerate erstmal aus. Erst, wenn wir uns in den nächsten Jahren ausserhalb der Schweiz niederlassen und einen Teil oder das ganze Vorsorgekapital auszahlen lassen können, fliesst es in die Berechnung der Entnahmerate ein.
  • Da die globalen Aktienkurse zur Zeit relativ hoch stehen, halten viele, die sich vor dem regulären Rentenalter aus ihrem Vollzeitjob verabschieden, eine Entnahmerate von 4% für zu optimistisch. Auch wir kalkulieren lieber etwas pessimistischer und reduzieren die Entnahmerate leicht.

Also ran ans Eingemachte – wie unser Vermögen strukturiert ist

Vermutlich ist mittlerweile jedem klar, dass man vom Zins, den man auf einem Bankkonto erhält, nicht reich wird. Da müssen andere Vehikel her. Man könnte beispielsweise Immobilien kaufen, um diese zu vermieten. Haben wir keine Ahnung von, klingt ziemlich aufwendig, und vor allem wollen wir uns keinen Betonklotz ans Bein binden – machen wir deshalb nicht.

Eine andere Variante wäre ein Aktienportfolio. In den vergangenen 120 Jahren haben Aktien global real (d.h. nach Inflation) eine durchschnittliche Rendite von 5.2% pro Jahr erwirtschaftet.1 Diese Zahl enthält auch die grossen Börsencrashs von 1929, 1987, 2008 und alle anderen.

Glücklicherweise macht so ein Aktienportfolio zudem kaum Arbeit – und in welche Ecken der Welt es uns auch verschlägt: wir haben es immer dabei. Aus diesen Gründen haben wir den Hauptteil unseres Vermögens in Aktien investiert.

Kurzer Theorieeinschub, bevor wir zu den konkreten Zahlen kommen:

Woraus auch immer sich dein Vermögen zusammensetzt – es besteht aus einem risikofreien beziehungsweise -armen Teil und aus einem risikobehafteten Teil. Das Verhältnis, in welchem diese beiden Teile zueinander stehen, ist abhängig von deiner Risikofreudigkeit und zugleich deine wichtigste Stellschraube, um die Rendite und das Risiko deines Gesamtvermögens zu steuern.

Bei jeder Investition, die du tätigst, solltest du immer dein gesamtes Vermögen berücksichtigen. Beispielsweise solltest du dir den Kauf einer Mietimmobilie gut überlegen, wenn du bereits ein Eigenheim besitzt. Vielleicht ist es auch keine gute Idee, hauptsächlich in Aktien einer bestimmten Branche zu investieren, wenn du in dieser Branche arbeitstätig bist (d.h. bereits dein Humankapital in diese Branche investierst). Bricht die Branche zusammen, bist du vielleicht deinen Job los und gleichzeitig hat sich dein Portfolio pulverisiert – autsch! Klumpenrisiko in jeglicher Form ist potenziell gefährlich.

Viele Menschen, die wir kennen, bunkern ihr ganzes Erspartes auf einem Bankkonto und investieren nichts davon. Ihr Verhältnis sieht somit wie folgt aus:

  • 100% risikoarm2
  • 0% risikobehaftet

Viele träumen von einem Eigenheim und stecken ihr gesamtes Erspartes und noch mehr (Hypothek und Erbvorbezüge) in das vermeintlich sichere Betongold, sobald sie das dafür benötigte Eigenkapital irgendwie zusammengekratzt haben. Das Verhältnis ihres Vermögens verschiebt sich dann von einem Tag auf den anderen zu:

  • 0% risikoarm
  • 100% risikobehaftet

Wohnimmobilien sind bei weitem nicht so sicher, wie landläufig vermutet wird. Im Gegensatz zu anderen Instrumenten wie Aktien kennen wir einfach nicht jede Minute den aktuellen Wert des jeweiligen Objekts. Aber dass die Schwankungen nicht so transparent sind, bedeutet nicht, dass sie nicht existieren. Die Immobilienkrise von 2007/2008 dürfte dies aufgezeigt haben.

Wie bereits erwähnt, besteht bei uns der risikobehaftete Teil nicht aus Immobilien, sondern aus Aktien.

Wie ist unser Verhältnis zwischen dem risikoarmen und risikobehafteten Teil?

Wir haben eine ganz einfache Regel, um unser gewünschtes Verhältnis zu bestimmen:

Unser risikobehafteter Teil ist so gross wie möglich. Wenn wir nicht mehr ruhig schlafen können, ist er zu gross. Grundsätzlich soll ein möglichst grosser Teil unseres Vermögens für uns arbeiten – aber wir müssen uns mit dem Risiko, das wir eingehen, immer wohl fühlen.

Die folgende Tabelle zeigt, welche realen Renditen ein globales Aktienportfolio bei den jeweiligen Verhältnissen von risikobehaftetem zu -armem Teil im Zeitraum zwischen 1970 und 2017 erwirtschaftete. Sie zeigt auch, welche temporären Einbrüche man verkraften musste und wie lange die längste Nullrenditeperiode dauerten.1

Nr.1234567891011
% risikobehaftet1009080706050403020100
% risikoarm0102030405060708090100
Maximaler kumulativer Verlust (nominal)-53%-48%-44%-38%-33%-27%-20%-14%-8%-3%-2%
Längste Nullrenditeperiode (nominal; Jahre)12.311.87.47.06.25.34.94.62.01.32.1
Rendite (real)5.0%4.7%4.4%4.0%3.7%3.3%2.9%2.4%2.0%1.5%1.0%

Für den frei verfügbaren Teil unseres Vermögens (d.h. ohne Vorsorgekapital) peilen wir folgendes Verhältnis an:

  • so wenig wie möglich flüssig auf dem Bankkonto (zumindest während wir uns in Südamerika aufhalten und ich noch etwas Geld verdiene allerhöchstens 5’000 Franken – das reicht uns hier immerhin ziemlich locker für drei bis vier Monate)
  • den Rest teilen wir auf in 90% risikobehaftete Anlagen und
  • 10% risikoarme Anlagen

In der Praxis sieht das so aus:

Heutiges frei verfügbares Vermögen

Cash flüssig (4’464 Franken; 1.8%):

Dies liegt verteilt auf Anikas und meinem Bankkonto und auf unseren Prepaid-Kreditkarten. Damit zahlen wir unsere alltäglichen Kosten.

Cash (8’914 Franken; 3.5%) und Anleihen (17’674 Franken; 7.0%):

Diese beiden Kategorien bilden den risikoarmen Teil unseres Portfolios. Für diesen Teil kommen Bankkonten oder kurzläufige Staatsanleihen (1 – 3 Jahre) in der Heimatwährung von Staaten mit bester Bonität infrage. Da wir nicht wissen, welche Währung künftig unsere Heimatwährung sein wird, haben wir den risikoarmen Teil zu gleichen Teil in Schweizer Franken, Euro und US-Dollar aufgeteilt und in entsprechende Staatsanleihen investiert. Da Schweizer Staatsanleihen derzeit eine negative Rendite aufweisen, halten wir diesen Anteil stattdessen in Cash (ist aber nicht zum Ausgeben gedacht).

Der Zweck des risikoarmen Anteils im Portfolio ist, Aktien nachkaufen zu können, wenn deren Kurse fallen, um das Zielverhältnis von 10% zu 90% wiederherzustellen. Zudem reduziert er die starken Schwankungen des risikobehafteten Teils (je grösser der risikoarme Anteil, desto geringer die Schwankungen des Gesamtportfolios).

Aktien (219’865 Franken; 86.8%):

Unser risikobehafteter Teil – hier spielt die Musik! Jeder Franken, den wir nicht ausgeben müssen, stecken wir in dieses Orchester, damit es kräftig wächst.

Würden wir ab jetzt nichts mehr sparen (und auch nichts beziehen), würde sich unser heutiges Portfolio bei einer durchschnittlichen Rendite von 5.2% (nach Inflation) etwa alle 13.5 Jahre verdoppeln. Damit würde es, bis wir das reguläre Rentenalter erreichen, auf etwa 1.3 Millionen Franken anwachsen (nominell wären es bei einer Rendite von 7.2% vor Inflation etwa 2.5 Millionen Franken, diese werden aber etwa gleich viel wert sein wie heutige 1.3 Millionen).

Je nach dem, wie turbulent es an den Börsen gerade zu und her geht, ist der Wellengang relativ stark. An einem durchschnittlichen Tag sind Schwankungen im vierstelligen Frankenbereich völlig normal. Vor etwa zwei Wochen haben wir hier in wenigen Tagen einen kleinen Einbruch von über 10’000 Franken erlitten, der mittlerweile aber schon wieder aufgeholt wurde (und den wir nutzen konnten, um günstig nachzukaufen – whoop whoop!).

Vor ein paar Jahren, hätte ich mich mit täglichen Schwankungen von über 1’000 Franken vielleicht nicht so wohl gefühlt – aber das Portfolio ist ja kontinuierlich gewachsen und mit ihm auch die Toleranz den Schwankungen gegenüber. So, no worries, mate! Starte mit kleineren Beträgen und du wirst dich an die Volatilität gewöhnen.

Wie unser Aktienportfolio ganz konkret aussieht, schauen wir in einem späteren Beitrag an.

Anderes (2’308 Franken; 0.9%):

Hier haben wir noch ein paar andere Anlagen. Hauptsächlich etwas Cash in diversen Kryptowährungen. Da haben wir aber nicht vor, im grossen Stil zu investieren, und es sei deshalb nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

Wie viel könnten wir damit pro Monat ausgeben?

Unser aktuell frei verfügbares Vermögen beträgt damit 253’225 Franken.

Gemäss 4-Prozent-Regel könnten wir somit jeden Monat 844 Franken ausgeben, ohne dass das Vermögen schrumpft.

Die 4-Prozent-Regel taugt gut als Faustregel, in der Realität ist es aber nicht schlecht, wenn man die aktuelle wirtschaftliche Situation berücksichtigt. Wie gesagt erwirtschaften Aktien im Schnitt eine Rendite von 5.2% pro Jahr. Das bedeutet, dass wir in etwa der Hälfte der Zeit über dieser Durchschnittsrendite liegen und in der anderen Hälfte darunter. Liegt eine Periode mit vielen guten Börsenjahren hinter uns und notieren die Aktienkurse höher, als es die Fundamentaldaten (also beispielsweise der Gewinn, den die jeweiligen Unternehmen erwirtschaften) rechtfertigen würden, ist es wahrscheinlich, dass eine Periode mit eher unterdurchschnittlichen Renditen vor uns liegt. Umgekehrt folgen auf eine stärkere Korrektur oder gar einen Aktiencrash in der Regel überdurchschnittlich starke Börsenjahre.

Im Moment stehen die globalen Aktienkurse relativ hoch und es ist wahrscheinlich, dass die Renditen in der kommenden Dekade eher unter dem langjährigen Durchschnitt liegen. Deswegen reduzieren wir den Betrag, den wir jedes Jahr aus dem Portfolio beziehen können, leicht von 4% auf 3.85%3. Damit könnten wir bis auf Weiteres jeden Monat 813 Franken beziehen (statt 844 Franken wie mit der einfachen 4-Prozent-Regel).

Voilà! Das ist unsere effektive Zahl, mit welcher wir heute rechnen. 813 Franken bedingungsloses Einkommen jeden Monat – ohne dafür zu arbeiten.

Was wäre, wenn wir in Südamerika bleiben würden?

Auch wenn wir die Schweiz verlassen haben, bleibt unser zivilrechtlicher Wohnsitz in der Schweiz, solange wir uns nicht definitiv in einem anderen Land niederlassen. Deswegen können wir uns das Vorsorgekapital, das wir in der Schweiz angespart haben, noch nicht auszahlen lassen.

Trotzdem ist es Teil unseres Vermögens und zählen wir es dazu, sieht der Kuchen so aus:

Totales heutiges Vermögen (inkl. nicht verfügbares Vorsorgekapital)

Die vier roten Kuchenstücke oben links sind neu dazu gekommen.

Pensionskasse Roli (21’645 Franken; 6.4%):

Mein Arbeitgeber zahlt leider nur die obligatorischen Mindestbeiträge und gleichzeitig wirft das eingezahlte Kapital kaum eine nennenswerte Rendite ab. Deswegen sind hier in den letzten elf Jahren nur etwas mehr als 20’000 Franken zusammengekommen. Da ich noch mindestens bis Ende April angestellt bin, liegt das Geld auch mindestens bis dann noch bei dieser Pensionskasse.

Pensionskasse Anika (12’116 Franken; 3.6%):

Da Anika derzeit nicht angestellt ist, liegt ihr Kapital aus der 2. Säule auf einem Freizügigkeitskonto. Auch hier gibt es im Moment leider kaum Zins. In etwa zwei Monaten bringt aber endlich der erste Anbieter in der Schweiz eine Freizügigkeitslösung auf den Markt, wo das Kapital mit einer vernünftigen Aktienquote investiert werden kann! Bin schon lange fast so aufgeregt wie vor meinem ersten Kuss und kann den Launch-Termin kaum erwarten! Sobald es soweit ist, wird dieses Konto verschoben und ich werde die neue Lösung sicherlich vorstellen. Das Vorsorgekapital für mehrere Jahrzehnte auf einem Konto mit „attraktivem Zins“ von 0.1% zu parkieren, ist einfach pure Idiotie.

3. Säule Roli (41’377 Franken; 12.3%):

Mein Kapital in der 3. Säule ist mit dem höchstmöglichen Aktienanteil investiert (97%). Der Anbieter dieser Vorsorgelösung ist der gleiche, der in Kürze auch die eben erwähnte Freizügigkeitslösung auf den Markt bringen wird. Wenn es soweit ist, werde ich die Innovatoren gebührend vorstellen, denn sie haben einen eigenen Artikel verdient.

Kautionen und Darlehen (8’363 Franken, 2.5%):

Hier sind diverse Kautionen oder Genossenschaftsanteile enthalten, die wir irgendwann einmal bezahlen mussten (beispielsweise 1’000 Franken für Mobility). Auch ein paar Darlehen an Freunde oder Verwandte.

Über kurz oder lang wollen wir diese Kategorie möglichst wieder auf 0 reduzieren (aus der Mobility-Genossenschaft sind wir beispielsweise per Mitte 2020 ausgetreten und wir bekommen unsere Anteile dann zurückerstattet).

Einmal zum Mitnehmen, bitte!

Würden wir heute beschliessen, uns in Südamerika niederzulassen, könnten wir das komplette Vorsorgekapital auszahlen und in unser Aktienportfolio stecken.

Damit hätten wir total 336’726 Franken, die für uns arbeiten. Mit der oben erwähnten Entnahmerate von 3.85% pro Jahr wären das pro Monat 1’081 Franken.

Damit könnten wir hier ein ganz akzeptables Leben führen. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Im Moment haben wir nicht geplant, uns hier niederzulassen. Aber zu wissen, dass wir es könnten, ist ein ziemlich gutes Gefühl.

1 Gem. dem unabhängigen und anerkannten Vermögensverwalter Dr. Gerd Kommer. Unser eigenes Vermögen ist nach den Methoden, die Kommer in seinem bekannten Buch Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen* vorstellt, strukturiert. Vermutlich würde ich dieses Buch als das zweitwichtigste Buch meines Lebens einordnen, gleich hinter meiner persönlichen Nummer 1.

2 Das auf Bankkonten gelagerte Vermögen ist nur risikoarm, falls es die gesetzliche Einlagensicherung nicht übersteigt. Einige Kreise behaupten, dass auch Beträge unter der gesetzlichen Einlagensicherung nicht sicher sind. Das kann ich nicht beurteilen, aber mehr als den abgesicherten Betrag auf einem Bankkonto zu halten, ist auf jeden Fall fahrlässig. Grundsätzlich gelten kurzläufige Staatsanleihen von Staaten mit bester Bonität in der Heimatwährung als die risikoärmsten Anlagen.

3 Warum wir jetzt genau auf die Entnahmerate von 3.85% kommen, erkläre ich in einem späteren Artikel.

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