Okay, das Jahr 2020 lässt aber wirklich nichts aus. Wir sind wirklich froh, haben wir unsere Reise nicht weiter voraus geplant als die ersten paar Monate in Ecuador.
Ursprünglich war unsere Idee, nach Ecuador auch andere südamerikanische Länder zu bereisen und zu entdecken. Wird aber wohl nix. Wenn du uns auf Instagram folgst, hast du schon erfahren, dass Anika vor einer Woche zu ihrer Familie nach Deutschland geflogen ist. Der Grund dafür ist eine Familienangelegenheit, die einen Abbruch oder Unterbruch unserer Reise auf jeden Fall rechtfertigt.
Ich schreibe diese Zeilen also alleine in Ecuador. Warum bin ich noch hier? Nun, wir haben uns hier ja einen Hund angelacht. Und wenn man sich in Ecuador einen Hund anlacht, packt man den nicht so einfach spontan ins Handgepäck und schmuggelt ihn nach Europa. Der Prozess für die Einführung eines Hundes aus dem Ausland oder gar von einem anderen Kontinenten ist strikt geregelt, damit Tollwut in Europa weiterhin unter Kontrolle gehalten werden kann. Der Hund muss gechipt und gegen Tollwut geimpft werden und anschliessend muss das Ganze auch noch mit einem Bluttest belegt werden. Dazwischen gibt es diverse Wartefristen. Ich rechne deshalb damit, dass ich erst im September oder Oktober mit unserem Hund «Smiley» in den Flieger nach Europa steigen kann.
Wie es in den nächsten Monaten weitergeht, wissen wir noch nicht. Relativ klar ist, dass sich unser Lebensmittelpunkt bis auf Weiteres nach Europa rund um Berlin, wo Anikas Familie lebt, verlagern wird. Eine Vollzeitstelle werden wir aber trotzdem beide nicht antreten und wir werden wohl auch nicht klassisch wieder eine Wohnung beziehen.
Die Umstände, die uns nach Europa zurückholen sind unerfreulich, trotzdem freuen wir uns auf dieses neue Kapitel nach unserem kurzen Aufenthalt in Ecuador. Solche Momente wie jetzt sind immer eine gute Chance, alles neu zu evaluieren und zu strukturieren. Wir können alles noch einmal hinterfragen und darüber nachdenken, was uns in unserem Leben wirklich wichtig ist.
Auch wenn wir unsere Heimat erst vor ein paar Monaten verliessen, haben wir in dieser Zeit viel über uns und unsere Prioritäten gelernt und konnten einige Fragen beantworten.
Könnten wir beispielsweise permanent auf einen anderen Kontinenten auswandern? Wohl kaum. Dafür sind uns unsere Familien und Freunde zu wichtig. Klar, digital können wir uns immer austauschen – aber es ist halt trotzdem nicht dasselbe, wie effektiv Zeit gemeinsam zu verbringen.
Könnten wir uns an einem Ort niederlassen, an welchem die Sonne jeden Tag um 18:30 untergeht und das ganze Jahr praktisch das gleiche Wetter herrscht? Scheisse, nein! Wir sind zwar schon ab und zu vor dem Winter in der Schweiz geflüchtet, aber Jahreszeiten zu haben, ist trotzdem etwas Schönes. Und die Sommerabende auch, an denen die Sonne erst spät untergeht.
Könnte ich die Reise alleine fortsetzen, während Anika in Berlin bei ihrer Familie ist? Nein, auf keinen Fall. Als wir uns kennenlernten, führten wir zwar neun Monate eine Fernbeziehung, aber die vergangene Woche war schlimm genug, dass diese Option auf jeden Fall ausgeschlossen werden kann.
Vermissen wir unsere Vollzeitstellen? Nein. Der soziale Kontakt mit den Arbeitskollegen fehlt uns zwar, aber je wieder Vollzeit zu arbeiten, kommt in Zukunft wohl nicht mehr infrage. Dafür gibt es zu viele andere Dinge, die uns in unserem Leben wichtig sind. Zum Beispiel, Zeit mit der Familie zu verbringen und sie zu unterstützen, wenn Hilfe gefragt ist.
Brauchen wir mehr zum Leben als das, was wir in unseren Rucksäcken mit nach Ecuador genommen haben? Kaum. Der tägliche Kontakt mit den Leuten hier hat unsere Wahrnehmung, dass wir zu Hause viel zu viel Ballast mit uns rumschleppten, eher gestärkt. Materielle Anschaffungen reizen uns weniger denn je. Klar gibt es den einen oder anderen Punkt auf unserer Wunschliste, aber das sind wenige ausgewählte, für uns sehr wertvolle Dinge.
Wir sind also sehr gespannt, wie es die nächsten Monate und Jahre weitergeht. Fest steht auf jeden Fall, dass unser Abenteuer nicht beendet wird, wir setzen es lediglich in Europa fort.
Mit diesen Ereignissen ist dieser Monat natürlich auch finanziell aus dem Ruder gelaufen
Wir haben im Juni mehr als viermal so viel ausgegeben als geplant. Mit budgetierten Gesamtausgaben von nur etwa 720 Franken sollte der Juni der bisher billigste Monat werden, aber er wurde der teuerste.1
Total haben wir nämlich 3’108 Franken ausgegeben. Hoppla.
Drei grosse Punkte hatten wir so nicht auf dem Schirm:
- Anikas Flug nach Berlin: 1’210 Franken.
Kurzfristig gebucht und es war der allererste Flug von Quito nach Europa nach dem Corona-Lockdown. Klar, dass dieser Spass nicht ganz billig ist. Würde man jetzt einen Flug für im September buchen, wären die günstigsten für 400 bis 500 Franken zu haben. - Anikas Hotel und Verpflegung in Berlin: 510 Franken.
Im Moment steckt Anika mitten in ihrer zweiwöchigen Quarantäne im Hotel, wo sie auch nicht selber kochen kann. Danach wird sie wohl bei ihrer Familie unterkommen, dann wird es wieder günstiger. - Smileys «Premium Package» für die Einfuhr nach Europa: 561 Franken.
Unser Tierarzt kümmert sich um alles, was wir für die Einfuhr nach Europa benötigen. Dieses Package enthält den Mikrochip, die Tollwutimpfung und alle benötigten Tests und Formulare. Auch die Kastration hat er ohne Extrakosten vorgenommen. Im Budget für diesen Monat hatten wir dagegen nur den Chip (25$) und die Tollwutimpfung (auch 25$) eingeplant. Aber wenn der Tierarzt mit diesem Paket alles macht und wir uns um nichts mehr kümmern müssen, ist es uns die 560 Franken allemal wert.2
Würden wir die 2’281 Franken für diese drei Punkte von den Gesamtausgaben von 3’108 Franken abziehen, würden wir bei 827 Franken landen. Damit wären wir nicht so stark an unserem Budget vorbei geschossen. Aber so ist das Leben nun mal. Manche Sachen lassen sich nicht planen.
Gewohnt haben wir in Pomasqui wie in den letzten Monaten für rund 85 Franken auf dem Grundstück der Stiftung. Dazu kommt das Hotel von Anika in Berlin für ihre zweiwöchige Quarantäne für 328 Franken.
Beim Essen hätte hier in Ecuador das Budget von 180 Franken gut gepasst. Bei Anika in Berlin sind die Mahlzeiten vergangene Woche etwas teurer geworden, da sie im Hotel ohne eigene Küche wohnt.
Bei den Spenden haben wir wieder 50 Franken für unser Patenkind hier in Pomasqui und 50 Franken für unsere Freunde Oli und Pati verbucht. Der Familie unseres Patenkindes sind wir im Rahmen der Lebensmittel-Verteilung in den letzten Monaten schon ein paar Mal kurz über den Weg gelaufen, aber da konnten wir uns nie wirklich unterhalten. Jetzt vor Anikas Abreise konnten wir sie noch einmal in Ruhe besuchen. Es ist schön, einem kleinen Mädchen eine bessere Zukunft ermöglichen zu können. Wir freuen uns, sie auf ihrem Weg zu begleiten.
Bei den Versicherungen haben wir diesen Monat nur meine Krankenkassenprämie von gut 200 Franken. Anikas Prämie für den Juni wurde komplett über die Prämienverbilligung abgedeckt.
Bei der Kategorie Internet und Handy macht der Grossteil immer noch Anikas Schweizer Abo aus, das noch bis Ende September läuft: rund 54 Franken. Für die ecuadorianische SIM-Karte haben wir im Juni umgerechnet nur etwa 2 Franken ausgegeben (an zwei einzelnen Tagen ein Datenpaket von 100 MB gelöst, ansonsten ohne mobiles Internet unterwegs).
Wie schon erwähnt, überragt in der Kategorie Reisen Anikas Flug nach Berlin für 1’210 Franken alle anderen Ausgaben.
Die Sparte Anderes sollte nie ein so grosser Posten sein. Im Juli ist diese Zahl hoffentlich wieder tiefer! Im Juni waren hier zu finden: das angesprochene «Premium Paket» für Smiley für 510 Franken, diverse Medikamente für Smiley und die Welpen und viel Hundefutter. Des Weiteren eine Leine und eine Halskrause für Smiley und zu guter Letzt ein paar Kleidungsstücke und ein neues Paar Schuhe, die sich Anika in Berlin gegönnt hat. Wir hätten diese Kategorie im Juni aber genau so gut auch Hunde taufen können. (Haha, jetzt, als ich diesen Satz nochmal lese, klingt er nicht ganz so, wie er klingen sollte. Sorry, Anika. Natürlich nennen wir diese Kategorie nicht «Hunde»!)
Konnten die horrenden Ausgaben durch unsere Einnahmen gedeckt werden?
Nicht ganz. Aber immerhin 2’462 Franken haben wir im Juni verdient. Bei Gesamtausgaben von 3’108 Franken bleibt damit ein Defizit von 646 Franken. Das treibt uns aber noch lange keinen Schweiss auf die Stirn. Diesen Betrag könnten wir gut durch die passiven Einnahmen aus unserem Aktienportfolio abdecken, die bei den erwähnten Einnahmen von 2’462 Franken nicht enthalten sind. Selbst wenn unsere Ausgaben jeden Monat so schlimm aussehen würden wie im Juni, hätten wir also keinerlei Probleme, sie zu decken.
Schauen wir einmal, was der Juli noch für Überraschungen bereit hält. Gegen Ende Juli erhalten wir das Resultat von Smileys Bluttest für seine Tollwut-Antikörper. Soweit ich verstanden habe, legt das Labor dann anhand des Antikörper-Niveaus fest, ab welchem Datum Smiley nach Europa eingeführt werden darf.
Wir hoffen, dass dieses nicht all zu weit in der Zukunft liegt, damit ich mit Smiley auch bald nach Europa zurückkehren kann und wir unser Leben dort neu sortieren können. Es bleibt spannend!
1 Wenn man die Nachzahlungen für die Steuern 2019 der letzten Monate einmal ausklammert.
2 Die Kosten für den Flug und die Transportbox und solche Dinge, die noch folgen werden, sind darin aber natürlich nicht enthalten.