Im letzten Post habe ich dir 8 Wege vorgestellt, wie du deine Wohnkosten reduzieren oder eliminieren kannst und kurz angeteasert, dass wir uns für die Nummer 8, das «House Hacking», entschieden haben.
Jetzt wird unser «Projekt Mietfrei» konkret! Wir starten in unseren ersten House Hack!
Was ist «House Hacking»?
Noch nie von «House Hacking» gehört?
Naja, eigentlich ist das keine neue Erfindung. Nur ein neuer schicker Name für ein ziemlich simples Prinzip:
Du hast mehr Wohnfläche, als du für dich selber brauchst, und vermietest die Teile des Hauses oder der Wohnung, die du nicht selber benötigst.
Dabei ist deine Bleibe natürlich etwas grösser als eine, die für dich alleine reichen würde, und dadurch auch etwas teurer. Der Trick ist aber, dass die Mieteinnahmen die Zusatzkosten übersteigen.
Je nach Skalierung und dem Verhältnis zwischen dem eigengenutzten und dem vermieteten Teil senkst du dabei deine eigenen Wohnkosten auf null oder verdienst sogar Geld.
Besonders beliebte House-Hacking-Objekte sind Häuser mit zwei bis vier Wohnungen.
Das Prinzip funktioniert aber auch auf jeder anderen Skala. Du kannst auch ein ungenutztes Zimmer deiner Mietwohnung untervermieten und dadurch einen Haufen Schotter sparen. Auch wenn du damit deine Wohnkosten vielleicht nicht ganz auf null bringst.
Unser konkretes Projekt
Es geht los, Freunde.
Der Kaufvertrag ist unterschrieben.
Wir sind jetzt Eigentümer eines 120-jährigen Landhauses bei Rostock. Nur eine Dreiviertelstunde von der Ostsee entfernt.
Nach eineinhalb Jahren ohne richtigen Wohnsitz wird dieses Schmuckstück künftig unsere Homebase in Deutschland.
Es sind zwar drei Stunden bis nach Berlin und zehn Stunden bis in die Schweiz, aber hey: damit sind wir immer noch viel näher bei unseren Familien und Freunden, als wir vor einem oder zwei Jahren gedacht hätten.
Die Zahlen im Überblick
Wie im letzten Post versprochen, werden wir in diesem Haus künftig kostenlos wohnen. Dafür müssen wir etwas Geld in die Hand nehmen. Es ist aber weniger Geld, als manch einer für sein Auto ausgibt.
Wie das geht?
Halt‘ dich fest, es geht los.
Kaufpreis | 65’000 € |
Notargebühr (2 %) | 1’300 € |
Grunderwerbsteuer (6 %) | 3’900 € |
Maklergebühr (4 %) | 2’600 € |
Kaufnebenkosten total (12 %) | 7’800 € |
Gesamtkosten | 72’800 € |
Das Haus haben wir für 65’000 € gekauft. Dazu kommen 7’800 € an Kaufnebenkosten.
Insgesamt haben wir also 72’800 € für das Haus mit drei Wohnungen hingeblättert.
Zwei der Wohnungen liegen im Erdgeschoss und im Dachgeschoss hat es eine Wohnung, die sich über die ganze Länge des Hauses erstreckt.
Die Voreigentümerin bleibt in einer der Wohnungen im Erdgeschoss und wohnt nun bei uns zur Miete für 300 € pro Monat.
Da wir das Haus ohne Hypothek gekauft haben, wohnen wir dort künftig kostenlos und bekommen monatlich 300 € bar auf die Hand. Und dann gibt es auch noch eine dritte Wohnung, die für etwa 100 € pro Monat vermietet werden könnte. Damit resultiert ein Plus von 400 € jeden Monat.
Okay, wir wohnen nicht ganz kostenlos. Wir haben ja auch unseren Anteil an den Nebenkosten zu bezahlen, die du auch als Mieter kennst (Wasser, Müllabfuhr usw.). Dafür können wir von den Mieteinnahmen etwa 100 € abziehen.
Nach Abzug dieser Kosten bleibt dann immer noch ein monatlicher Ertrag von 300 €!
Wir haben also Kapital in Höhe von 72’800 € aus unserem Aktienportfolio „geopfert“, das uns gemäss der 4-Prozent-Regel ein monatliches passives Einkommen von 240 € generiert hätte. Dafür bekommen wir Mieteinnahmen von 300 € und eine kostenlose Wohnung.
Der Deal ist ganz okay, finde ich.
Was ist das denn für eine Bruchbude?!
Das Wohnhaus steht übrigens auf einem stattlichen Grundstück mit über 1’100 m² und im Kaufpreis inbegriffen ist auch eine Doppelgarage und einige Quadratmeter Nebengelass inklusive einer Werkstatt.
«Du, sag mal, wer verkauft denn das alles für 65’000 Euro? Muss ja eine ziemliche Bruchbude sein!»
Ja, da hast du nicht ganz unrecht.
Es gibt viel zu tun.
Sehr viel sogar.
Die obige Rechnung ist deshalb nur eine symbolische und wird so nicht in die Realität umgesetzt. Wir werden jetzt noch keine Wohnung in diesem Haus beziehen und wir werden die dritte Wohnung auch nicht für 100 € vermieten.
Die einzige Wohnung, die in einem akzeptablen Zustand ist und einigermassen in Schuss gehalten wurde, ist die, in welcher die Voreigentümerin wohnt.
Teil des Deals ist auch, dass sie in ihrer Wohnung bleiben darf, so lange sie will und kann.
Das sind somit die Gründe für den tiefen Kaufpreis: es besteht grosser Sanierungsbedarf und die Voreigentümerin hat ein lebenslanges Wohnungsrecht.
Dieses hätten wir ihr aber sowieso eingeräumt – sie ist eine äusserst liebenswürdige, ältere Frau.
Die realistischen Zahlen im Überblick
So. Kommen wir zu den realistischeren Zahlen.
Wie viel Geld müssen wir zusätzlich zum Kaufpreis reinstecken, damit das Haus wirklich bewohn- und vermietbar wird?
Und bleibt es dann immer noch ein finanziell sinnvoller Deal?
Oder hätten wir doch lieber einfach eine Mietwohnung bezogen?
Die voraussichtlichen Sanierungskosten
Zusätzlich zu den Kaufkosten rechnen wir mit Sanierungskosten von rund 266’000 €.
Die Sanierung wird umfangreich. Im Grunde kommt alles bis auf die Tragwände raus und neu rein. Es muss auch alles gedämmt werden: Dach, Fassade und Boden. Auch eine Zentralheizung gibt es noch nicht.
Von den Sanierungskosten dürfen wir noch staatliche Zuschüsse für energetische Sanierungen abziehen. Ausserdem möchten wir Einiges in Eigenleistung verrichten.
Für diese zwei Punkte können wir etwa 82’000 € des Gesamtbetrags streichen und landen schliesslich bei einem Betrag von 184’000 € für die komplette Sanierung.
Die grosse Wohnung im Dachgeschoss werden wir im Rahmen der Sanierung mittig teilen. Am Schluss haben wir also vier nagelneue Wohnungen mit 2.5 bis 3.5 Zimmern.1
Zusammen mit den Kaufkosten werden wir insgesamt voraussichtlich bei rund 257’000 € landen. Das ist weniger, als ein durchschnittliches Einfamilienhaus in Deutschland kostet.
Die Finanzierung der Sanierung
Dank unseren Ersparnissen könnten wir nicht nur den Kauf des Hauses mit Eigenmitteln bezahlen. Wir könnten auch die ganze Sanierung selber stemmen.
Das wollen wir aber lieber nicht. Wir lassen lieber möglichst viel in unserem Aktienportfolio.
Die Zinsen für Immobiliendarlehen sind einfach viel zu günstig, um darauf zu verzichten.
Wir werden für die Sanierung deshalb ein Darlehen von 184’000 € aufnehmen. Das ist noch nicht ganz eingetütet, aber wird wahrscheinlich klappen.
Die Darlehenssumme von 184’000 € wird aufgeteilt auf ein „normales“ Annuitätendarlehen von 84’000 € und ein noch günstigeres Darlehen für selbstgenutztes Eigentum (KfW-Programm) von 100’000 €.
Der Jahreszins für das erste Darlehen beträgt dabei 2.07 % und für das zweite läppische 1.00 %. Dazu kommt eine anfängliche Tilgung von 2 % beim ersten Darlehen und 3.689 % beim zweiten.
Beide Darlehen haben eine Zinsbindung von 10 Jahren.
Damit kommen wir auf eine monatliche Rate von 676 €.
Darlehen 1 | Darlehen 2 | Total | |
Betrag | 84’000 € | 100’000 € | 184’000 € |
Effektiver Jahreszins | 2.07 % | 1.00 % | 1.49 % |
Anfängliche Tilgung | 2.00 % | 3.689 % | 2.92 % |
Zinsbindung | 10 Jahre | 10 Jahre | |
Monatliche Rate | 285 € | 392 € | 676 € |
Die voraussichtlichen Mieteinnahmen nach der Sanierung
Nach der Sanierung verfügen wir im Erdgeschoss über eine 3.5- und eine 2.5-Zimmer Wohnung und im Dachgeschoss über zwei 2.5-Zimmer-Wohnungen.
Wir rechnen damit, dass wir bei diesen Wohnungen eine Kaltmiete von 6.50 € pro Quadratmeter erzielen.
Eine der vier Wohnungen werden wir selber bewohnen. Bis auf Weiteres voraussichtlich die kleinste.
Insgesamt sieht das also etwa wie folgt aus.
EG 1 | EG 2 | DG 1 | DG 2 | Total | |
Anzahl Zimmer | 3.5 | 2.5 | 2.5 | 2.5 | 11 |
Wohnfläche | 72 | 49 | 55 | 43 | 219 |
Kaltmiete | 470 € | 320 € | 360 € | selber bewohnt (280 €) | 1’150 € (1’430 €) |
Ohne die Wohnung, die wir selber beziehen, nehmen wir also voraussichtlich rund 1’150 € an Kaltmiete ein.
Was bleibt unter dem Strich? Kostenlos wohnen oder doch nicht?
Fassen wir zusammen!
Für die Sanierungskosten nehmen wir ein Darlehen über 184’000 € auf. Dieses kostet uns 676 € pro Monat.
Die drei Wohnungen, die wir vermieten, bringen uns 1’150 € ein.
Unsere eigenen „Mietnebenkosten“ (für Wasser, Heizung, Müllabfuhr usw. – du kennst das) betragen 100 €, wenn es hoch kommt.
Ziehen wir noch Rücklagen von 130 € pro Monat für die Instandhaltung ab.
Damit bleibt uns ein monatlicher Ertrag von rund 240 €.
Mieteinnahmen | 1’150 € |
– Darlehensrate | – 676 € |
– Eigene „Mietnebenkosten“ | – 100 € |
– Rücklagen Instandhaltung2 | – 130 € |
Monatlicher Ertrag | 244 € |
In diesem Fall opfern wir also immer noch 72’800 € aus unserem Aktienportfolio und damit etwa 240 € an monatlichen passiven Einnahmen (gleich wie bei der ersten Rechnung ohne Sanierung).
Wir generieren aber mit den drei vermieteten Wohnungen Nettoeinnahmen von 240 € und gleichen dieses Defizit ziemlich genau aus.
Dazu bekommen wir aber zusätzlich eine nagelneue Wohnung, in welcher wir kostenlos wohnen.
Und vergessen wir nicht, dass die Darlehensrate von 676 € zum Hauptteil aus der Tilgung des Darlehens besteht und damit zu unserem Vermögenszuwachs beiträgt.
Der effektive Zinsanteil an der Monatsrate von 676 € beträgt nur 228 € ganz zu Beginn der Rückzahlung und nimmt dann stetig ab. Gleichzeitig nimmt der Tilgungsanteil zu, bis die Darlehen dann nach etwa 35 Jahren komplett getilgt sind (das zweite Darlehen mit der etwas höheren Tilgungsrate ist bereits nach 25 Jahren abgezahlt).
So, in der Theorie klingt das alles sehr gut.
Wir hoffen, dass wir auf der Baustelle nicht all zu viele böse Überraschungen erleben, die die Sanierungskosten in die Höhe treiben.
Genau in einem Monat beginnen wir mit den Bauarbeiten.
Was meinst du? Hättest du auch Lust auf ein solches Projekt? Oder auf eine kostenlose Wohnung?
1 Die Wohnung der Voreigentümerin wird dabei vorerst noch nicht angetastet, sondern erst saniert, wenn diese irgendwann ausgezogen ist.
2 Ich habe mit 7 € pro Quadratmeter pro Jahr gerechnet. Diese Annahme liegt eher am unteren Rand der sehr breiten Spanne verschiedener Empfehlungen.
Mutiger Entscheid, trotz aller Berechnungen. Ihr werdet nun wohl öfter im Baumarkt zu finden sein als vorher 😉
Danke, Michi 🙂
Ja, wir haben uns alles mit einem Bausachverständigen und Architekten angeschaut, aber ein gewisses Risiko bleibt halt. Wir wissen auch nicht genau, was uns erwartet, wenn wir den Fussboden dann öffnen.
Und Vermieter waren wir auch noch nie. Keine Ahnung, wie gut das dann alles klappen wird, wenn es an die Vermietung der Wohnungen geht. 🙂
Ein bisschen Ungewissheit tut gut und das Leben beginnt schliesslich ausserhalb der Komfortzone! 🙂
Wir werden dann natürlich auch berichten, was auf dem Weg alles schiefgegangen ist.